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DRUCKANSICHT

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Abdullatif Alkatout ist tot.

„Eislingen war seine Heimat.“

21.9.2010 - Tina Stroheker

 

Er war vielleicht der bestgelaunteste Apotheker von Eislingen. Seine Kundschaft kam gern in die Rathaus-Apotheke. Er war herzlich und großzügig – und er war ein Vertriebener: 1948 mußte der kleine Abdul mit seiner Familie die Heimatstadt al-Ramla in Palästina verlassen. Sein ganzes Leben hat er sie mit sich getragen. Sechsunddreißigjährig erhielt er einen deutschen Paß, die erste Staatsangehörigkeit seines Lebens, wie sein jüngster Sohn Josef in dem Roman „Samla“ (2006) berichtet. Abdullatif Alkatout lebte mit seiner Frau Resi und den vier Kindern Bilal, Ibrahim, Amina und Josef lange Jahre in Eislingen, viele erinnern sich an die Familie. Wer das Glück hatte, ihn bei der zweisprachigen Lesung arabischer Lyrik 1998 zu hören und zu erleben, wie er, in die traditionelle beduinische Alabaya gehüllt, voll Inbrunst in seiner Muttersprache Liebes- und andere Gedichte las, wird diesen Abend in der Stadtbücherei nie vergessen. Er war ein Kenner der arabischen Literatur. Und er war ein politischer Kopf, der auf die ZEIT ebenso wenig verzichten wollte wie auf die Sendungen der großen arabischen Fernsehanstalten. Ich kenne niemanden, der sich so genau an Äußerungen von Willy Brandt und Helmut Schmidt erinnerte wie er! Er träumte vom Reisen, hat sie sich jedoch nur selten genehmigt, meistens stand er, gut gelaunt, hinter dem Ladentisch. Bevor er die Apotheke morgens aufschloß, konnte man ihm im Wald beim Joggen begegnen. Vielleicht hat auch das dazu beigetragen, daß seine Familie über die Todesanzeige des Vertriebenen den Satz gesetzt hat: „Eislingen war seine Heimat.“ Wir lesen diesen Satz mit Demut und Dankbarkeit, und wir trauern um Abdullatif Alkatout, der kurz vor seinem 70. Geburtstag nach schwerer Krankheit, in Berlin gestorben ist.

Bild: Abdullatif Alkatout links beim Brunnenfest 2000

Abdullatif Alkatout, engagiert im Gespräch mit Peter Ritz und Frieder Birzele