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„Orte wo Heimat Weichen stellt, bleiben im Herzen'

Vertreibung , Heimatverlust und Neubeginn - Gedichtband von Karl Schönweiler

09.6.2014 - Redaktion Ri

 

Das Büchlein ist eine Erinnerung an Vertreibung, Verlust der Heimat und Neubeginn von Millionen von Menschen in Ost- und Mitteleuropa vor 70 Jahren. Es umfasst den Zyklus „Orte wo Heimat' mit sieben Gedichten, Berichte über die Flucht (aus Nordmähren und aus Breslau) und Texte zum Thema Neubeginn. Orte wo Heimat, 34 Seiten, illustriert, Edition Rehberge, Herausgeber Karl Schönweiler. 5.- Euro.

Der Eislinger Kunstverein widmet sich schon seit einigen Jahren mit dem Mühlbergertagen zur Erinnerung an den Schriftsteller Josef Mühlberger aus Trautenau (heute Trutnov, Tschechische Republik)dem Thema Heimat und Heimatverlust, Neubeginn und Versöhnung über die (Sprach)Grenzen hinweg.

Karl Schönweilers Gedicht- und Erinnerungsband greift das Thema aus seiner Sicht als Ottenbacher Bürger und Schriftsteller auf. Er sagt selbst dazu:

Kindheitserlebnisse - Heimatvertriebene kommen ins Dorf

'Als Kind hörte ich oft die Eltern reden über das Schicksal der Ostflüchtlinge nach dem Ende der Nazidiktatur. Auch in unserem alten Bauernhaus fanden seit Kriegsende Heimatvertriebene einen
„Unterschlupf' unter sehr einfachen Verhältnissen. Überall in den Städten und Dörfern wurden diese Menschen notdürftig untergebracht. Und es war nicht allein ihre Notlage, oft waren sie auch Anfeindungen aus den Reihen der Einheimischen ausgesetzt. die sich teils aus der allgemeinen Notzeit jener Jahre ergaben.

1994 - Begegnung mit einem Heimatvertriebenen
Erste Gedichte

Später rückte dieses Thema in den Hintergrund, bis ich 1994 durch ein Gespräch mit Verwandten wieder daran erinnert wurde. Krieg - Vertreibung - Entwurzelung - Neubeginn. so kann man das Schicksal jenes Vaters umreißen, das Schicksal von Millionen von Menschen. Über allem aber steht die Erinnerung. Aus all dem formte sich in mir der Satz: „Orte wo Heimat Weichen stellt, bleiben im Herzen'. Noch auf der Heimfahrt von Kempten notierte ich mir erste Sätze zu einem Gedichtszyklus, dem ich auch den Titel „Orte wo Heimat' gab. Ich sandte diesen den Verwandten - und dabei beließ ich das Ganze.

Das Schönhengster Jahrbuch 1997

Jahre später kam ich in das Büro des Schönhengster Heimatbundes' in Göppingen und betrachtete die ausgestellten Bilder von der Vertreibung. Dort bekam ich ein Exemplar des Schönhengster Jahrbuches von 1997. Wieder hat mich das Thema Einzelschicksale, aber auch die vielfältige Kultur in der Heimat der Vertriebenen sehr interessiert. Auch das Schicksal von Künstlern und deren Familien. welche ihre Wurzeln im Böhmischen und Mährischen sowie im Schlesischen hatten. Schubert, Smetana. Gustav Mahler, Eichendorf - nur um einige Namen zu nennen. Gerade in diesen Schönhengster Jahrbüchern steht über allein die Erinnerung. 2004 erschien das Buch 'Der Verlust' von Thomas Urban. das ich mit großem Interesse las. Er beschreibt darin die Vertreibung der Deutschen und Polen im 20. Jahrhundert. Ich arbeitete selbst an einigen Kurzgeschichten, in denen das Thema Vertreibung eine Rolle spielte

Verlusterfahrungen und Aussöhnung

Neben vielem, was ich im Laufe der Jahre erfahren habe, berührt mich heute besonders die Tatsache. dass die Vertriebenen nicht nur Eigentum, Lebensumfeld, ja ihre Wurzeln zurücklassen mussten, sondern auch ihre Toten. Die Gräber der Eltern, Großeltern, teils sogar der Kinder.
Durch meine Tatigkeit in der ''Initiativgruppe Europäische Franziskuswege' kam ich in den letzten Jahren immer wieder mit Menschen zusammen, die von der alten Heimat, welche sie als Kind verließen, noch erstaunlich viel wissen. Andere, welche damals erst wenige Jahre alt waren, können sich noch an die Flucht erinnern. Hier kam ich in Kontakt mit Menschen, die sich intensiv um eine Aussöhnung mit den Menschen in der alten Heimat bemühen und eine solche Aussöhnung auch tatsächlich zustande brachten. Eine Aussöhnung, die immer mehr Früchte trägt.

Heimatverlust - Alltag im 21.Jahrhundert und Herausforderung in einer globalen Welt

Vom Schicksal der Heimatvertriebenen jener Jahre ist es nur ein kleiner Schritt in die heutige Zeit,
in der Millionen von Menschen ihre Heimat verlassen, ob aus politischen oder wirtschaftlichen Gründen. Staaten sind überfordert, ihnen Aufnahme zu gewähren. Die Weltgemeinschaft ist nicht in der Lage. den Auswanderungen entgegen zu wirken. Dies wird immer mehr zu einer der größten Herausforderungen an unsere so global gewordene Welt.'

Ottenbach im Mai 2014 Karl Schönweiler

Der Buchtitel "Orte wo Heimat"