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DRUCKANSICHT

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Ein Tag Dienst am Nächsten

Kleiderlegen und -bündeln in der Sammelzentrale der AKTION HOFFNUNG in Laupheim.

11.7.2015 - Kolpingsfamilie Eislingen K. Schönweiler/K.-H Hild

 

Um 6.45 Uhr machen wir uns von Ottenbach auf den Weg ins oberschwäbische Laupheim. Die Kleidersäcke unserer Sammlung vom vergangenen Wochenende sind bereits dort. Aus dem Kolpingbezirk Göppingen-Geislingen waren es dreizehn Tonnen, die der Sattelzug an diesem heißen Wochenende angeliefert hatte.
Kurz vor Acht sind wir da, auch die andern aus Eislingen, Donzdorf und Salach treffen kurz nach uns ein. Durchs offene, große Tor der Fabrikhalle sehen wir meterhoch gestapelte weiße Würfelballen - Kleidung und Decken, gepresst und somit versandfertig.
Nach der herzlichen Begrüßung – man kennt sich inzwischen von den Jahren zuvor, geht es gleich an die Arbeit. Einige helfen den beiden halbtagsbeschäftigten Frauen beim Vorsortieren, hierbei wird eingeteilt in Sommer- und Winterware. Die über eine breite, hohe Rutsche eingekippten Kleidersäcke werden geöffnet. Die „Creme- / Topware, welche in den Verkauf des hauseigenen Second-Hand-Ladens kommt, wird separiert. Ebenso die nicht mehr zum Tragen geeignete Ware. Mehr als 60 Prozent der Waren gehen an die Arbeitstische. Einfache Holzrahmen 70x50 cm mit einer Höhe von 20 cm bilden den „Rahmen“. Hinein kommen Kleider von Socken bis zu Hüten, Ober- und Unterwäsche. Ist der Rahmen gefühlt wird er einfach abgehoben und das Paket wird gebündelt. Zirka 20 solcher Bündel werden nebenan zu einem Ballen gepresst.
Für gute Unterhaltung bei der Arbeit sorgen zum einen die gut gelaunten Helfer, zum andern aber auch die Ware: So zaubert Doris beim Vorsortieren aus einem der Kleidersäcke einen „waschechten“ Plüschtiger, oder es wird eine der teils abenteuerlichen Kopfbedeckungen eben mal anprobiert. „Dui isch ebbes für d' Fasnet“. Auch manch winziges Teil aus dem Bereich der normalerweise nicht sichtbaren Damenbekleidung wird fachmännisch begutachtet, ehe es in den Rahmen gelegt wird.
Während der Frühstückspause unterhalte ich mich mit Roman Engelhart, dem 1. Vorsitzenden der Arbeitsgemeinschaft Missions- und Entwicklungshilfe e.V. Acht Gruppen bilden die Mitgliedsverbände der AKTION HOFFNUNG. Neben der Arbeitsgemeinschaft hier vor Ort gehören dazu: Kolping, KAB, BDKJ, kath. Frauenbund, kath. Landvolk, Caritas und Pax Christi.
Der Wareneingang in 2014 belief sich auf insgesamt „nur“ 441 Tonnen, da zu Jahresbeginn das Lager noch voll war. Sortiert wurden in der Sammelzentrale 511 Tonnen Kleider und Schuhe. Dies bewältigten ca.1500 ehrenamtliche Helferinnen und Helfer in zirka 80 Sortiergruppen. Unterstützt von 7 teilzeitbeschäftigten Sortierkräften sowie dem Lagerleiter, der in Vollzeit angestellt ist. Versandt wurden 2014 an die Partnerorganisationen 416 Tonnen in 12 Länder auf vier Kontinenten. Diese persönlich bekannten Organisationen verteilen die Kleidung über ein weit verzweigtes Netzwerk von Kleiderkammern und sozialen Einrichtungen an Bedürftige, die sich die einheimische Kleidung nicht leisten können. Nach Bolivien wurden dabei auch zwei Container mit medizintechnischen Geräten für ein Krankenhaus geliefert. Eine ähnliche Ladung nach Burundi konnte wegen des Bürgerkrieges noch nicht ausgeliefert werden, Zwei LKW- Lieferungen nach Bosnien-Herzegowina konnten Überflutungsopfern wirksam helfen. Ebenso wertvolle Hilfe brachte eine LKW-Fracht mit 24 Tonnen in den Nordirak, die rund 7.500.- Euro an Frachtkosten verursachte. Ein Überseecontainer gleicher Menge nach Afrika oder Lateinamerika kostet derzeit je nach Zielhafen ca. 5.000 bis 6.000 Euro.
Finanziert werden alle Lieferungen durch die Waren selbst. Neben der Topware im Shop sowie in der Biberacher Modeboutique „Trag's Weiter“ werden bis zu 30 Prozent an Rohstoffverwerter verkauft. Aus diesen Waren werden nicht nur Putzlappen und die grauen Fließdecken herstellt, sondern auch Presswaren in der Autoindustrie und im Bereich der Mineralstoffdämmung. Insgesamt beliefen sich die Einnahmen aus Ladenumsätzen und Verkauf von Recyclingwaren auf rund 250.000 Euro.
Hiervon trägt sich nicht nur die Sammelstelle komplett selbst – dazu zählen auch Entsorgungskosten in Höhe von 9.000 Euro im Jahr, sondern es konnten 2014 für Projektförderungen 71.303 Euro zur Verfügung gestellt werden. [Darunter auch 6.000 Euro für unser Ottenbacher Projekt in Peru]
In der Halle geht das Kleiderlegen und -bündeln weiter. Der Vormittag vergeht wie im Flug, wir machen Mittagspause. Dabei können wir uns im Shop nebenan umsehen, manch gutes Kleidungsstück wird hierbei auch gleich eingekauft. Das Halbtagspersonal wechselt, wir füllen weiter unsere Rahmen, bündeln, legen die Bündel in den Rollcontainer, der dann zum Pressen hinüber geschoben wird. Um sechzehn Uhr ist für uns Schluss. Die Helfer sind müde und zufrieden. „Ein Tag im Jahr Dienst am unbekannten Nächsten, das ist doch wahrlich nicht viel.“ Eine weitere Meinung: „Wenn man auch im Rentenalter noch so weit fit ist, dass man bis zu acht Stunden stehen kann und somit einen Tag lang bei guter Unterhaltung solch einen Hilfsdienst leisten kann – da muss man doch dankbar sein für die eigene Gesundheit und das eigene Wohlergehen. Man hofft und freut sich schon auf's nächste Jahr – wieder in Laupheim“.

Karl Schönweiler