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Wasser und Worte, Weisheit und Witz

Verzauberte und bezaubernde „Nacht der Poetinnen“ in Eislingen

26.7.2011 - PSE (Pressestelle Stadt Eislingen/Fils)

 

„Die Sprache ist wie Wasser, beim Halten verliert man sie, im Fließen hat sie Bestand.“ Auch wenn die vielen, vielen ZuhörerInnen nicht auf den Filsterrassen über dem Fluß saßen, sondern, wetterbedingt, in der Stadthalle, waren das Wasser und die Worte die inhaltliche Mitte der „Nacht der Poetinnen“. Der Abend mit hochkarätigen Gästen gehörte zum Rahmenprogramm des „Eislinger Poetenweges“ und wurde durchgeführt von der eislinger frauen aktion (efa) und von der Stadt Eislingen. Tina Stroheker, Ausstellungs-Kuratorin und Moderatorin, stellte in kundigen Kurzporträts, denen man die Poetin anmerkte, ihre Dichterkolleginnen vor: Zsuzsanna Gahse, Yoko Tawada, Tzveta Sofronieva und Zehra Cırak. Die souveräne, gutgelaunte musikalische Begleitung kam vom „Duo Saxakkord“, Anne Tübinger (Akkordeon, Klavier) und Dorothea Tübinger (Saxofon). Ihre Musik, die Elemente vor allem von Klezmer und Jazz aufnimmt, brachte gleich mit dem ersten Stück den Abend in Bewegung.
Und es ging um Bewegungen an diesem Abend, sprachliche, inhaltliche, räumliche: Die Lyrikerinnen, Trägerinnen des Chamisso-Preises für Autoren, die das für sie ursprünglich fremde Deutsch zu ihrer Literatursprache gewählt haben, lasen unterschiedlichste Texte, in denen die Bewegung zwischen den Sprachen und Welten thematisiert wurde, und auch, eine Hommage an die Fils, die Bewegung des Wassers. Schließlich, so Zsuzsanna Gahse, haben Sätze und Flüsse vieles gemeinsam. Was z.B. mit der Donau, um die Donau und um die Donau herum alles geschehen kann! Die gebürtige Ungarin las aus dem Buch „Donauwürfel“, schickte mit ihrer assoziativ-musikalischen und intellektuell-poetischen Sprache ihr Publikum auf eine Reise zwischen Ländern, Orten und Menschen. Und was erlebt ein Mensch, der sich in einer neuen Sprache bewegt? Dies ist u.a. eine zentrale Frage in der klugen und witzigen Lyrik und Prosa der Japanerin Yoko Tawada. Gern stellt sie überraschende Überlegungen an. Wie etwa könnte sich ein ‚Ich’ nennen, nachdem es sein Gegenüber nicht mehr siezt, sondern duzt? Denn ändert sich damit nicht auch etwas für das Ich? Und dies ist keine oberflächliche Frage …
Pause, die Sommerterrasse war ins Stadthallenfoyer verlagert worden, geschmückte Biertische, Blumen, fruchtige Cocktails, frische Salate. Ein verlockender Büchertisch. Anschließend nahm die gebürtige Bulgarin Tzveta Sofronieva die poetische Suchbewegung in ihren Gedichten wieder auf und schenkte dem Publikum dazu noch einen gescheiten und charmanten Prosatext über das Küssen. Als Letzte verzauberte Zehra Cırak, in Istanbul geboren, heute in Berlin, ihre Zuhörer. Ihre dunkle, klar akzentuierte Stimme bildete die sprachliche Schlußmelodie, Texte voll Wärme, Weisheit und Liebe zum Leben. Eislingen nennt sich „Ort der Vielfalt“. Die „Nacht der Poetinnen“ war hier am richtigen Ort. Ihre Vielstimmigkeit beim Nachdenken
über Heimat und Fremde, Sprache und Mensch entließ die Gäste aus nah und fern bereichert und vielfach angeregt.

v.l.n.r. Tina Stroheker, Tzveta Sofronieva, Yoko Tawada, Zehra Cirak, Zsuzsanna Gahse