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Goldener Herbst umrahmt den Volkstrauertag

03.12.2018 - PSE

 

In einer schlichten Zeremonie stand die Gedenkfeier ganz im Zeichen des 100-jährigen Jahrestages zum Ende des Ersten Weltkrieges.

Am vergangenen Sonntag fand auf dem Friedhof Nord die Gedenkfeier zum Volkstrauertag statt. In traditionellem Wechsel zwischen den beiden großen Friedhöfen laden die Stadt Eislingen und der Ortsverband VdK Eislingen ein, um die Bedeutung des Volkstrauertages nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Insbesondere die Tatsache, dass vor 100 Jahren der Erste Weltkrieg zu Ende ging, in dem Millionen von Menschen ihr Leben verloren, fand in diesem Jahr Widerhall in den Ansprachen der Redner.

Zahlreiche Bürgerinnen und Bürger kamen vergangenen Sonntag an das Ehrenmal auf den Friedhof Nord, um den symbolischen Tag zum Gedenken an die Kriegstoten und Opfer der Gewaltbereitschaft und Gewaltherrschaft aller Nationen zu begehen.  

Der ursprüngliche Gedanke, dass es nur um Kriegstote geht, ist mit den Jahren jedoch erweitert worden. Auch beispielsweise an die Opfer von Rassismus wird an diesem Tag erinnert. Nach wie vor gilt die zentrale Botschaft aber dem Aufruf zu Toleranz und für Frieden, für Völkerverständigung und zur Versöhnung.

Überzeugt tritt Oberbürgermeister Klaus Heininger für diesen „stillen Feiertag“ ein. Deutlich wies er in seiner Ansprache darauf hin, wie wertvoll ein friedvolles Miteinander unter den Völkern und Nationen ist, nachdem bereits zwei entsetzliche Weltkriege Europa erschüttert haben. Gerade in Zeiten, in denen nationalistische und fremdenfeindliche Parolen in den öffentlichen Raum vordringen und der Populismus um sich greift, müsse man versöhnliche und verbindende Grundwerte leben, mahnte er. Demokratie und freiheitliche Grundformen seien nicht selbstverständlich. Wir müssten sie uns verdienen, indem wir bereit seien, dafür einzutreten und sie gegen gewaltbereite und rassistische Bewegungen zu verteidigen. Das hieße im Ernstfall auch:
“Aufstehen, Stirn zeigen und nicht wegschauen“, unterstrich das Eislinger Stadtoberhaupt. Da die Zeitzeugen der Kriegsgeschehnisse immer weniger werden, sei es besonders wichtig, die jüngere Generation für die Zusammenhänge von Freiheit und Demokratie, von Selbstbestimmungsrecht und Meinungsfreiheit zu sensibilisieren. Stellvertretend für die nachwachsende Generation und den symbolischen Brückenschlag demonstrierten die Schülerinnen und Schülern der Klasse 10a des Erich Kästner Gymnasiums. Sie folgten gerne der Einladung des Stadtoberhaupts und trugen in einem feierlichen Rahmen Friedensgedichte vor. Leuchtend erinnerten die Kerzen am Ehrenmal an die vielen Toten, die die Schüler dort aufgereiht hatten.


Der Vorsitzende des VdK, Karl-Heinz Wacht, warnte in seiner Ansprache offen vor der Widersprüchlichkeit des Volkstrauertages. Während an diesem Gedenktag immer Worte des Bedauerns gefunden werden, würden trotzdem die Ausgaben für weltweite Aufrüstung in schwindelerregende Höhe steigen. Deutliche Worte fand er zu der Verantwortung Deutschlands, die durch die Rüstungsindustrie zu den Profiteuren dieser Entwicklung zähle. Kritisch sah er auch die gesellschaftliche und soziale Entwicklung. Denn erst mit dem Streben nach Haben und Macht, würde auch die Kriegsgefahr steigen, sagte er überzeugt. Beispielhaft belegte er dies in einer kurzen Aufzählung von Fakten: „Konzerne stoßen sich an der Krankheit der Menschen gesund, Wohnraum wird zum Spekulationsobjekt, Lebensmittel werden für Wetten missbraucht und die Digitalisierung wird kommen und unseren Alltag verändern.“ Er forderte dazu auf, darüber zu reden, wie es mit unserer Gesellschaft weiter geht. Vor allem, wenn die Menschlichkeit noch wichtig sei und wenn man die Demokratie erhalten wolle. In Anspielung an die Weltpolitik machte er mit einem Zitat von KurtTucholsky Mut gegen Sprüche vermeintlich starker Männer, die nur die Schwächen der Gemeinschaft für ihre Zwecke nutzen:
„Nichts ist schwerer und erfordert mehr Charakter, als sich in offenem Gegensatz zu seiner Zeit zu befinden und laut zu sagen. Nein!“

Stellvertretend für alle Kirchengemeinden sprach Pfarrer Frederik Guillet von der evangelischen Kirchengemeinde Christuskirche. Als Denkanstoß zur Frage, wo Krieg und Gewalt begonnen haben, erinnerte er an die bekannte Geschichte von Kain und Abel aus 1. Mose 4 und las daraus in Auszügen vor. „Die Geschichte gibt es auch heute noch“, stellte er in Bezug auf die Gegenwart fest. „Es geht um Neid, es geht um Macht. Aber gab es in dieser Geschichte einen Gewinner?“ 
Überzeugt verneinte er und stellte fragend in den Raum, was wohl passieren würde, wenn uns zu jeder Zeit bewusst wäre, dass wir Schwestern und Brüder sind, ob wir glauben oder nicht. Er appellierte, sich unbedingt weiter daran zu üben, gemeinsam zu leben, bis es in uns verankert sei. „Wir sind Brüder und Schwestern. Krieg und Gewalt ist für uns keine Option.“ Mit einem zuversichtlichen Blick in die Zukunft, „dass wir weiter den Weg des Friedens und des guten Zusammenlebens gehen, hier in Eislingen und auf dieser Welt“, machte er Mut zu erkennen, dass wir alle eine Gemeinschaft sind.

In einer schlichten Zermonie legten Oberbürgermeister Klaus Heininger und Karl-Heinz Wacht einen Kranz am Ehrenmal auf dem Friedhof Nord ab. Im Anschluss wurden auch auf dem Friedhof Süd und in Krummwälden Kränze niedergelegt. Die musikalische Umrahmung der Gedenkfeier gestaltete der Posaunenchor Eislingen und der Leitung von Stefan Renfftlen und Reiner Hasert.