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Wiedererstandener romantischer Glanz in der Christuskirche Eislingen

Trompete & Orgel - Konzert am Ostersonntag, 21. April 2019

23.4.2019 - hristuskirche

 

20 Jahre Orgelrestaurierung feierte die Christuskirchengemeinde Eislingen-Ottenbach am Ostersonntag mit einem Festkonzert, gestaltet von Frank Uttenreuther, Trompete, und Prof. Klemens Schnorr an der Orgel.

Die Link/Mühleisen-Orgel von 1906/1999 wird in diesem Jahr 113 Jahre alt und hat zwei schwer wiegende Operationen hinter sich.
Die eine hätte sie schier das Leben gekostet, die andere hat sie gerettet. Das spätromantische Instrument sollte 1946 partout auf barocke Klänge 'umgeorgelt' werden. Dies meinten die damaligen Verantwortlichen dadurch erreichen zu können, dass man romantische Register verkürzte, um sie höher erklingen zu lassen und das Instrument durch Implantate fragwürdiger Qualität erweiterte. Dadurch verlor sie ihren Charakter. Wegen ihrer unzeitgemäßen Technik (im Fachjargon: pneumatische Kegellade) und ihres uneinheitlichen Klanges empfahlen die Fachleute in den 1990er Jahren den Bau einer ganz neuen Orgel. Das Denkmalamt widersprach jedoch der Verschrottung, weil heute nur noch wenige derartige Instrumente existieren und so rekonstruierte die Orgelbauwerkstatt Mühleisen in einjähriger mühevoller Arbeit das Verlorene und ersetzte die Implantate von 1949 durch 11 Register im Stil von 1906. So hat die Christuskirche eine großartig klingende Orgel gewonnen, die sich bestens in den Jugendstil-Bau einfügt und schon viele namhafte Organist*innen begeistert hat.

Einer, der immer wieder zu Konzerten kommt, ist der frühere Freiburger Domorganist Professor Klemens Schnorr. Dieses Mal hatte er Frank Uttenreuther, den Solotrompeter der Münchner Symphoniker, mitgebracht. In zwei Suiten von Georg Friedrich Händel und Jeremiah Clarke als Rahmen zeigte die Orgel ihr orchestrales Potential, ohne jedoch das elegant kammermusikalische Trompetenspiel zu dominieren. Praeludium und Fuge g-Moll und das berühmte 'Jesus bleibet meine Freude' von Johann Sebastian Bach zeigten, dass eine romantische Orgel barocke Musik auch ohne die kleinen 'Schreiregister' gültig interpretieren kann. Der Komponist Hans Ludwig Schilling (1927-2012) hätte sich wahrscheinlich gewundert, in seiner Canzona über 'Christ ist erstanden' für Trompete und Orgel, einer etwas sperrigen, herben Musik, auch das seinerzeit absolut verpönte Orgelregister Voix céleste zu vernehmen. In zwei Orgelstücken parlierte die Orgel dann sogar italienisch: In einer drehorgelig heiteren Sonata von Niccolò Moretti hatten die schönen Flötenstimmen ihren Auftritt und bei 'Introduzione und Tema e Variazioni' von Giovanni Morandi wähnte man sich in einer Oper von Rossini. Jede Variation war phantasievoll und durchsichtig registriert.

Die etwa 120 Zuhörenden (das ist viel für ein Orgelkonzert) bedankten sich mit lang anhaltendem herzlichem Applaus bei den beiden hervorragenden Interpreten, die sich mit 'Marche royale' von Jean Baptiste Lully als Zugabe revanchierten.
(Walter Blum).

Klemens Schnorr und Klaus Uttenreuther in der Christuskirche

Prof. Klemens Schnorr

Frank Uttenreuther