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Stimmungsvolle Musik und bewegende Bilder

Geistliche Abendmusik in der Christuskirche am Sonntag, 24.11.2019

28.11.2019 - Christuskirche

 

Immer am Abend des Kirchenjahrs lädt die Christuskirche Eislingen zur Geistlichen Abendmusik am Totensonntag ein. Für jedes aus der Christuskirchengemeinde verstorbene Gemeindeglied leuchtete auf Taufstein oder Altar eine Kerze. - Trauer und Dank sind Nachklang auf gelebtes Leben. Das war dieses Jahr die Besonderheit: Barocke und romantische Kompositionen für Violoncello und Cembalo - die in teils komponierten, teils improvisierten Nachklängen für ein Vibraphon weitergeführt wurden. Pfarrer Frieder Dehlinger begrüßte die drei Musiker, Urs Läpple, Cello, Susanne Götz, Cembalo und Dizzy Krisch, Vibraphon, der zuletzt im Kreis in einer Jazzformation beim Festival auf Schloss Filseck aufgetreten war.
Urs Läpple und Susanne Götz musizierten eingangs in stimmungsvollem Miteinander die oft und gern gehörte „Air“ in D-Dur aus Johann Sebastian Bach`s “Suite in Dur“ (BWV 1068) und stimmten damit auf die folgenden Programmpunkte bestens ein.
Sehr überzeugend gestalteten beide die viersätzige Sonate in D-Dur des norddeutschen Barockkomponisten Georg Philipp Telemann (1681-1767). Urs Läpple überzeugte in den beiden langsamen Sätzen durch sein gesangliches Spiel, dann in den beiden schnellen Sätzen durch straffes Musizieren. Stets war Susanne Götz eine sehr zuverlässige Begleiterin, so auch in den beiden „Arabesken“ des tschechischen Komponisten Bohuslav Martinu (1890-1959), wobei beide Musiker ihren jeweiligen Part bravourös vortrugen.
An drei Stellen im Programmablauf reagierte Dizzy Krisch auf seinem Vibraphon mit „Echo“-Improvisationen. Er setzte dadurch teils meditativ-nachdenklich, teils in virtuosen, kaskadenartigen Passagen musikalisch ganz eigene Akzente in Melodiefolgen, gepaart mit rhythmischen Kürzel-Sequenzen – wie Dizzy Kirsch im Nachgespräch erläuterte. So erklang in der zweiten Echo-Eigenkomposition viel Melodisches und Akkordisches in eher traditionellem Stil. Ganz anders in der dritten „Echo“-Musik: Hier ließ der Vibraphon-Künstler Dizzy Krisch dynamisch variable Tonfolgen erklingen.
Bereits bei seiner Begrüßung sprach Pfarrer Dehlinger von der Musik die in heilsamen Klängen zu uns spricht und gerade den Trauernden Stille und Inneres Licht bringt. Für die diesjährige Abendmusik am Totensonntag hatte er Bilder von Vincent van Gogh ausgewählt zur meditativen Betrachtung, das „Weizenfeld mit Schnitter“ oder „Der Künstler auf dem Weg zur Arbeit“. van Gogh, so unterstrich Pfarrer Dehlinger, wollte den Menschen Licht und Hoffnung bringen und dadurch zu einer besseren Welt beitragen. Seine Bilder von Weizenfeldern, von Saat und Ernte sind voller Bezügen auf die Gleichnisse Jesu vom Säen und Ernten, vom Acker- und Weizenfeld - und ihrer Botschaft vom heilbringenden Kommen des Gottesreichs.
Das Bild „La Berceuse“ – die Amme – beschrieb Pfarrer Dehlinger als ein Bild voll mütterlicher Liebe und Trost. In den Händen hält die Amme eine rote Kordel, über die sie verbunden ist mit einem Kind, das in der Krippe liegt - für uns Betrachter, außerhalb des Bildes. Hier zog der Theologe die Parallele zum Bibeltext aus Jesaja 49,15: Kann eine Frau ihre Kinder vergessen? Und selbst wenn sie sie vergäße, spricht Gott, so will ich doch dich nicht vergessen. Immer habe ich dich vor Augen. Siehe, in meine Hände habe ich dich gezeichnet.
Als Höhepunkt interpretierten die drei Künstler gemeinsam mehrere Parts aus Johann Sebastian Bachs „Goldberg-Variationen“. Hier hatte das Trio eine ganz eigene Fassung für Violoncello, Cembalo und Vibraphon erarbeitet: eine ausgefallene, doch vollgültige Darstellung von J. S. Bach’s Tonkunst, wie man sie selten zu Gehör bekommt.
Pfarrer Dehlinger wie auch die Zuhörer/-innen dankten den drei Künstlern für ihr wunderschönes Musizieren. Mit einem besinnlichen Gebet, dem Vaterunser und dem gespendeten Segen ging die geistliche Abendmusik zu Ende, die man noch lange in Erinnerung behalten wird.
(Eckhart Naumann)

Vincent van Gogh`s Gemälde "La Berceuse"