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Offener Brief der Aktiven des AWO-Impf-Termin-Service an Minister Lucha

11.3.2021 - AWO Eislingen e.V.

 

Gegenwärtiger Stand der Impfkampagne - Erfahrungsbericht der ehrenamtlich Aktiven im „AWO-Impf-Termin-Service“ des AWO-Ortsvereins Eislingen/Fils e. V.

Sehr geehrter Herr Minister Lucha!

Große Teile der Bevölkerung Baden-Württembergs sind mit der gegen-wärtigen Situation in hohem Maße unzufrieden. Wir als ehrenamtliche Mitarbeiter der AWO in Eislingen/Fils sind es auch, denn auch uns über-zeugen die jüngsten organisatorischen Entscheidungen zur Bewältigung der Corona-Krise in Baden-Württemberg nicht.
Seit über einem Monat geben wir über 80-jährigen Menschen aus dem Raum Eislingen-Göppingen ehrenamtlich Hilfestellung bei der Anmeldung zu einem Impftermin (hilfsweise einem Platz auf der Warteliste), vor allem aber jenen Personen, die keinen Computer oder kein Smartphone besitzen und/oder mit dem Internet ungeübt sind oder es nicht bedienen können. Offenbar wurde dies bei der Organisation der Impfkampagne überhaupt nicht berücksichtigt, was uns unverständlich ist.
Wir sehen bei unseren Hilfseinsätzen, dass die Verdrossenheit und der Unmut der Seniorinnen und Senioren Tag für Tag dramatisch zunimmt. Dies liegt nach unserer Einschätzung in erster Linie daran, dass die von der Landesregierung eingeleiteten Maßnahmen nicht ausreichend wirk-sam greifen.
Kernpunkt der kritischen Stimmen ist, dass die Versuche von Impf-willigen, einen Termin zu bekommen, durch das nachträglich eingeführte Verfahren nicht etwa beschleunigt und vereinfacht worden sondern uneffektiv und langwierig sowie nicht problemlösend gestaltet ist. Weder die Telefon-Hotline noch die Plattform im Internet sind geeignet, mit dem Volumen von landesweit angeblich 90.000 Impfwilligen auf der Warteliste zielführend umzugehen. Ausgerechnet von der Gruppe der Hochbetagten wurde erwartet, dass sie mit dem PC bzw. Smartphone umgehen kann.
Auch die telefonische Alternative „116117“ greift nicht, weil der „Andrang“ dort dauerhaft so hoch ist, dass die vorhandene Zahl der Leitungen offenkundig völlig unterdimensioniert zu sein scheint. Man muss während deren Öffnungszeiten permanent „auf der Lauer liegen“ (nicht wenige haben den Ratschlag, nach Mitternacht ins Netz zu gehen, befolgt, aber sich überwiegend nur um den Schlaf gebracht), um sein Anliegen tatsächlich platzieren zu können.
Unsere Bemühungen bleiben angesichts der chaotischen Umstände nur begrenzt erfolgreich, weil wir den Impfwilligen erklären müssen, dass wir keinen privilegierten Zugang auf Impftermine haben, obwohl wir im Vor-feld gut vorbereitet die Übermittlung und den Dialog mit den Call-Cen-tern angehen.
Bisher wird man unter 116117 mit der lapidaren Aussage der Computer-stimme abgeblockt: „In Ihrem Landkreis sind alle Leitungen belegt“. Dann folgt der lapidare Verweis auf „später“. Was allerdings unter „später“ zu verstehen ist, bleibt unklar.
Man stößt folglich umgehend an die Grenzen des Systems, denn die Call-Center sind total überlastet und werden dem Ansturm Tausender Impf-williger nicht gerecht. Über den Ablauf, bei dem auch noch „Vorträge“ zum Datenschutz und zur Qualitätssicherung angehört werden müssen, wundern sich die Impfwilligen mit Recht und fragen, ob die Prioritäten richtig gesetzt sind.
Wenn die Pandemie in absehbarer Zeit erfolgreich bekämpft werden soll, dann muss die Organisation der Impfkampagne auf belastbarere Füße gestellt werden. Da ist es mit einem nichts sagenden Brief, wie er dieser Tage an Impfwillige versandt wurde, nicht getan. Die Impfwilligen wollen keine „Entschuldigungs-Arie“ hören bzw. lesen, sondern endlich einen konkreten Impftermin erfahren.
Da laut offiziellen Aussagen bekannt ist, wann wie viele Impfstoffdosen geliefert werden, müsste doch eine Terminplanung möglich sein. Wir haben auch Zweifel, ob die Ankündigung, ab 1. April die Haus- und Fachärzte mit der Impfung zu beauftragen, organisatorisch bis dahin abgesichert wird.
Sie als verantwortlicher Minister müssen jetzt sicherstellen, dass endlich problembeseitigend gehandelt wird. Ansonsten ist damit zu rechnen, dass Auswirkungen auf das Wahlverhalten bei der anstehenden Landtags- und bei der Bundestagswahl entstehen und diese - so unsere Sorge - unerfreuliche Dimensionen annehmen.
Holen Sie die erfahrensten Praktiker und Spezialisten an den Tisch, um eine schnelle Lösung des Problems herbeiführen können! Nur dann können Sie Vertrauen und Akzeptanz bei einem Großteil der Bevöl-kerung zurück gewinnen.
Mit freundlichem Gruß
Harald K R A U S - Ardian P O N I K - Dennis B A G A U T D I N O V Rainer G U E N T N E R