Ist der Mensch böse? - Predigt zu den Fragen nach dem Gewaltverbrechen
hier zum Nachlesen die Texte des Gebets und der Predigt
27.4.2009 - Hans-Ulrich Weidmann
Ein ungewöhnliches starkes Echo auf die Gottesdienste vom 22.4. und 26.4.2009 konnte Pfarrer Dehlinger verzeichnen. Er hat uns daher die Texte der Gebete und der Predigt zur Veröffentlichung dankenswerterweise zur Verfügung gestellt.
Ökumenisches Gebet am 22.04.09 in der Lutherkirche
nach dem Gewaltverbrechen in der Friedhofsstraße
Barmherziger und treue Gott,
wir bitten Dich für alle, die um Familie Häussler trauern.
Für die Geschwister und Eltern,
für die Freude von Annemarie und Ann-Christin,
für Nachbarn und Freunde.
Wir bitten Dich
für die Schüler von Else Häussler,
für die Patienten von Hans-Jürgen Häussler.
Wir bitten Dich
für die Kinder unserer Kinderkirche,
für alle Mitarbeiter und Glieder unserer Kirchengemeinde.
- Steh uns bei in Schrecken und Trauer,
stärke unsere Gemeinschaft.
Lindere die Schmerzen.
Schenk uns Kraft für den langen Weg der Heilung.
- Wir rufen zu Dir: Herr, erbarme Dich!
Wir bitten Dich für alle,
die durch die unfassbare Taten der beiden jungen Männer
tief verletzt sind in ihrem Vertrauen in die Welt
und die Menschen.
Wir bitten Dich besonders für die Kinder der DLRG,
für die jugendlichen Kumpel von Andreas und Frederick,
für die Klassenkameraden und Lehrer.
Wir bitten Dich für die Eltern und für den Bruder von Frederick.
- Schenk uns neues Vertrauen.
Schenke uns tiefe Wurzeln in Dir.
- Wir rufen zu Dir: Herr, erbarme Dich!
Wir denken vor Dir, Gott, an die beiden Täter.
Unmessbar ist unser Entsetzen,
unaussprechbar unsere Enttäuschung,
unerträglich der Zorn, bei den einen, bei den andern der Schmerz.
Wie unermesslich groß ist die Schuld, die sie auf sich geladen!
- Gott, Du großer,
schenke den Tätern Einsicht in ihre Schuld,
Kraft zur Umkehr,
Kraft, die Strafe anzunehmen,
Kraft zur tiefen Reue.
Kehr ihre Herzen zu Dir!
- Wir rufen zu Dir: Herr, erbarme Dich!
Gott,
wir bitten dich für unsere Stadt,
für alle Menschen in ihr, die tief getroffen sind,
von dem, was mitten unter uns geschehen ist,
für alle, die in diesen Tagen mehr Fragen als Antworten haben.
Wir bitten für unser Land und unsere Gesellschaft,
in der viele nicht den Halt und die Orientierung finden,
die sie brauchen.
Wir beten für alle, die Verantwortung tragen
in Politik und Wirtschaft, in Erziehung und Bildung.
- Lass uns achtsam werden füreinander,
hilf uns zusammenzustehen in der Trauer.
Stärke uns aber auch zusammenzustehen,
dass nicht Hass und Gewalt Macht über uns bekommen.
Gib uns Kraft, gemeinsam den Gedanken und Bildern der Gewalt
zu widerstehen.
Gib uns Kraft, nein zu sagen zu einer Kultur des Todes
und Aufzustehen für das Leben
und die Wahrung der Würde eines jeden Menschen.
Hilf uns, dass wir unsere Kindern und Jugendliche stark machen
für das Leben.
- Wir rufen zu Dir: Herr, erbarme Dich!
Vaterunser
Ist der Mensch böse?
- Predigt zu Joh 10 und 1. Mose 1,1 – 12
am 26.04.09 in der Christuskirche Eislingen
Predigt zu Johannes 10,11 – 15, 27 – 30
Jesus spricht: Ich bin der gute Hirte.
Der gute Hirte lässt sein Leben für die Schafe.
Der Mietling aber,
der nicht Hirte ist, dem die Schafe nicht gehören,
sieht den Wolf kommen und verlässt die Schafe und flieht
– und der Wolf stürzt sich auf die Schafe und zerstreut sie –,
denn er ist ein Mietling und kümmert sich nicht um die Schafe.
Ich bin der gute Hirte
und kenne die Meinen
und die Meinen kennen mich,
wie mich mein Vater kennt
und ich kenne den Vater.
Und ich lasse mein Leben für die Schafe (…).
Meine Schafe hören meine Stimme,
und ich kenne sie und sie folgen mir;
und ich gebe ihnen das ewige Leben,
und sie werden nimmermehr umkommen,
und niemand wird sie aus meiner Hand reißen.
Mein Vater, der mir sie gegeben hat, ist größer als alles,
und niemand kann sie aus des Vaters Hand reißen.
Ich und der Vater sind eins.
Liebe Schwestern und Brüder,
14 Tage nach Ostern erinnert uns das Sonntagsevangelium,
dass Jesus lebt,
dass er den Tod überwunden hat,
dass Jesus für uns da ist, als guter Hirte
und uns leitet
und uns führt zum frischen Wasser, zum ewigen Leben.
Ich bin der gute Hirte, sagt Jesus, -
und das gilt für die Jünger und die Frauen damals,
und das gilt für uns Menschen nach Ostern, heute.
Ich bin der gute Hirte, sagt uns Jesus.
Nun, wir selbstbewussten modernen Menschen,
- Allradfahrer, Computerakrobaten,
Weltallflieger, Erbgutentschlüssler -
nun wir selbstbewussten modernen Männer und Frauen
wollen wir noch einen Hirten?
Einen der uns zeigt, wo es lang geht?
Einen der uns Verantwortung abnimmt,
der die richtige Weide für uns sucht,
und die richtige Wasserstelle für uns weiß,
einen, der an den Abgründen aufpasst,
einen, der am Abend einen Pferch für uns bereit hat,
und der in der Nacht unseren Schlaf beschützt
vor bösen Feind?
Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht.
In diesen überwiegend bleischweren Tagen seit Karfreitag
habe ich so viele bleiche und verletzte Gesichter gesehen,
wie nie zuvor (, auch morgens gleich im Spiegel).
Soviel Verletzung, soviel tiefe Verunsicherung,
soviel Schmerz selbst bei vielen,
die Tätern und Opfern nie begegnet sind.
Was gilt eigentlich noch,
wenn mitten in unserem guten Eislingen
so der Wolf wütet in unserer Herde?
Wer versorgt unsere Verletzung?
Wer schützt uns in unseren Ängsten?
Wer zeigt uns den Weg in unserer Verwirrung?
Ich weiß, viele von uns ersehnen die Zeit,
in der nicht mehr über die Morde gesprochen werden muss,
ich auch,
und in der wir nicht mehr überall angesprochen werden
auf das schreckliche , was in unserem Eislingen geschehen ist.
Ich hatte das für die Predigt heute auch vor
- aber es geht nicht, noch nicht.
Damit wir weiter kommen, müssen wir genau hinschauen.
Probieren wir das miteinander,
und nehmen wir unseren guten Hirten mit.
(1.) Eine der vielen Fragen in unserem tiefen Erschrecken:
Was ist der Mensch? Ist der Mensch böse?
Über viele Jahrhunderte war das die Grundannahme:
dass der Mensch von Natur aus böse ist,
und dass er gezähmt werden muss durch Erziehung,
durch Eltern, Schule, Kirche und Staat.
Dieses Böse im Menschen – so dachte man –
muss eingedämmt werden durch Gebote, Regeln und Gesetze,
und diese Gebote müssen durchgesetzt werden durch Strafen, staatliche Strafen, kirchliche Strafen und ewige, göttliche Strafen.
In der Bibel ist von Hölle und gar von Höllenstrafen kaum die Rede;
in Theologie und Predigt spielte die Hölle aber bis in die Neuzeit
eine großen Rolle. Mit der Androhung des jüngsten Gerichts
sollte das Böse im Menschen in Schach gehalten werden.
Verloren hinter allen Drohungen ging dabei
die Güte, die Barmherzigkeit, die Liebe Gottes
- also alles das, was Jesus uns von seinem himmlischen Vater erzählt.
Für diese Annahme, der Mensch sei von Natur aus böse, gibt es einen biblischen Beleg, am Ende der Sintflutgeschichte, 1. Mose 9,21;
manche von Ihnen kennen die Worte, wie Luther übersetzt:
… das Dichten und Trachten des menschlichen Herzens
ist böse von Jugend auf.
Wichtig – wie immer - ist der Zusammenhang,
in dem dieses Bibelwort steht: die Urgeschichte.
Die ersten elf Kapitel der Bibel sind eine große Erzählung
zu der Frage: Was ist der Mensch?
(1.1) Am Anfang schafft Gott den Menschen
und er setzt ihn in den Paradiesgarten.
Und er sagt: Es ist sehr gut!
Das ist das erste. Gott sieht den Menschen – Mann und Frau – an,
er segnet uns und sagt: „Es ist sehr gut!“
Und so ist das noch heute mit jedem Büblein und jedem Mädchen
das neu auf unsere Welt kommt.
Am Anfang sieht Gott uns an, freut sich und sagt:
„Wunderbar! Sehr gut!
Was für ein schöner, kleiner, lebendiger Mensch!“
Und Gott gibt seinen Segen jedem Mädchen und jedem Jungen
mit in die Wiege und mit auf den Weg;
– und in der Taufe feiern dieses von Gott,
dieses: „Schau, wie gut! Gesegnet dies neue Leben!“
- Deswegen taufe ich so gern.
Das ist der Anfang. Am Abend des sechsten Tages sieht Gott an
den Menschen und alles was er geschaffen hat.
Und dann steht da: „Siehe, es war sehr gut!“ (1. Mose 1,31).
Es steht da nicht: „Es ist böse.“ Geschrieben steht: „Es ist sehr gut!“
Das ist das erste – das ist die Ouvertüre und die Präambel
über Gottes ganzer Geschichte mit uns Menschen.
Und nichts, nichts von dem, was danach kommt
in vielen Akten bis zum heutigen Tag,
nichts kann diesen anfänglichen Segen wegnehmen.
(1.2) Es kommt dann ja Vieles. Auch viel Schlimmes.
Die listige Schlange kommt, Eva und Adam essen den Apfel,
den Apfel vom Baum der Erkenntnis von Gut und Böse. (1. Mose 3)
Von da an ist beides da.
Adam und Eva gehen die Augen auf.
Die paradiesische Unschuld ist verloren.
Von jetzt an muss jede Eva und jeder Adam sich entscheiden
zwischen Böse und Gut.
- Wie alt sind wir, wenn dieses geschieht?
Zwei Jahre alt? Sieben Jahre alt? Zwölf Jahre alt?
Das mag verschieden sein,
und das wird in Schüben geschehen,
dass uns unsere Möglichkeit zum Guten wie zum Bösen bewusst wird,
dass uns unsere Entscheidungen bewusst werden
- Lüg ich? / Sage ich die Wahrheit?
- Klau ich? / Lass ich es bleiben?
- Quäle ich die Fliege, den Frosch, den kleinen Bruder? /
Oder lass ich sie in Ruhe?
Der Baum der Erkenntnis von Gut und Böse.
Das ist nicht der Baum des Fluches,
es ist aber der Baum der Verantwortung,
der immer neuen Entscheidung zwischen gutem und bösem Handeln.
Man könnte auch sagen: es ist der Baum des Erwachsen werdens.
(1.3) Hier folgt die Geschichte von Kain und Abel (1. Mose 4).
Zwei Brüder: Abel ein Hirte, Kain ein Bauer.
Gott sieht Abels Opfer freundlich an,
Kains Opfer aber interessiert ihn nicht.
Das ist eindeutig ungerecht.
Kains Zorn über diese Ungerechtigkeit entbrennt.
Er stellt seinem Bruder eine Falle und erschlägt ihn.
Heute würde man Psychologen auf den Weg schicken,
studierte Psychologen und Heerscharen von Hobbypsychologen,
um Kains Motive zu erforschen.
Und ihr Ergebnis wäre:
Wäre Gott zu Kain gerecht gewesen,
dann wäre Kains Zorn nicht entbrannt
und Abel wäre noch am Leben.
Also: Gott ist schuld, Kain ist zu entschuldigen.
Gott jedoch behaftet Kain in seiner Verantwortung und sagt:
Wenn du schlecht drauf bist und deinen Blick senkst,
dann lauert die Sünde auf der Schwelle
und hat Verlangen nach Dir.
Du aber herrsche über sie.
Ich brauche Ihnen, glaub ich, nicht auszuführen,
was diese kurze Geschichte für uns hier und heute heißt.
Mir ist es fast egal und ich will mich daran nicht beteiligen,
an der Spekulation,
was in der Friedhofsstraße zu dieser Tat geführt hat.
Sicher gabs da Probleme. Wo gibt es die nicht!
Ja, die Sünde sitzt auf der Schwelle sitzt und hat Verlangen nach uns,
wir aber sollen über sie herrschen.
Erlauben Sie mir eine Zwischenbilanz.
Ist der Mensch böse? - Nein.
Ist der Mensch gut? - Nein.
Ist der Mensch verantwortlich? - Ja. Wir sind verantwortlich.
Wir sind beauftragt zum Guten. Wir sind von Gott begabt zum Guten.
Wir sind nicht zum Bösen begabt.
Aber wir sind gefährdet, dass sich unser Blick senkt,
und wir die Sünde über uns herrschen lassen.
Verantwortlich sind wir, unumgehbar verantwortlich,
dass wir dem Verlangen der Sünde nicht nachgeben.
Nicht die Sünde soll über uns herrschen,
vielmehr wir sollen über die Sünde herrschen!
Das ist entscheidend,
und nicht die akademische Frage, ob der Mensch gut ist oder böse.
Wenn wir in 1. Mose 4 weiter lesen,
wie Gott den Brudermörder zur Rede stellt,
dann gibt es für Kain keine mildernde Umstände.
Kain kann sich seiner Verantwortung nicht entziehen,
der Zorn Gottes trifft ihn mit Wucht.
Und so ist das: wo wir die Heiligkeit des Lebens verletzen,
trifft uns der Zorn Gottes mit voller Wucht.
Reden wir also nicht zu rasch von Vergebung.
Allerdings: Gott begrenzt sich in seinem Zorn:
er lässt Kain am Leben,
und er gibt dem Kain ein Schutzmal,
damit ein anderer an Kain nicht handelt,
wie Kain an seinem Bruder gehandelt hat.
(1.4) Das ist wichtig:
auch Gott muss sich bremsen in seinem Zorn!
Auch Gott muss das Destruktive in sich beherrschen.
Genau dieses führt die dritte große Urgeschichte aus:
die Geschichte von Noah und der Sintflut (1. Mose 6 – 9).
Jetzt kommen die bittersten, depressivsten Sätze der Bibel:
Als aber Gott sah, dass der Menschen Bosheit groß war auf Erden
und alles Dichten und Trachten ihres Herzens nur böse war immerdar,
da reute es ihn, dass er die Menschen gemacht hatte auf Erden,
und es bekümmerte ihn in seinem Herzen
– da hören sie Gottes Depression –
es bekümmerte ihn, und er sprach:
Ich will die Menschen, die ich geschaffen habe, vertilgen von der Erde (…), denn es reut mich, dass ich sie gemacht habe.
- Nur Noah fand Gnade vor dem Herrn.
40 Tage Regen, 40 Nächte Regen. Alles Leben auf Erden geht unter.
Nur die Arche Noah schwimmt oben
auf der tosenden Flut des Zornes Gottes.
150 Tage wachsen die Wasser,
Dann gedenkt Gott an Noah und an das Leben in der Arche.
Die Wasser verlaufen sich, die Arche strandet.
Und endlich wieder festen Boden.
Endlich wieder Grund für Heimat und Wurzeln.
Und dann der Regenbogen - und Gottes großes Wort:
Ich will hinfort nicht mehr die Erde verfluchen um des Menschen willen. Wenn auch das Dichten und Trachten des menschlichen Herzens böse ist von Jugend an, will ich dennoch nicht mehr schlagen alles, was da lebt, wie ich getan habe.
Vielmehr: solange die Erde steht, soll nicht aufhören
Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht.
Gott begrenzt sich in seinem Schmerz über das Böse.
Gott begrenzt sich in seinem Zorn über uns Menschen.
Gott sagt der eigenen Aggression ab,
der destruktive Impuls soll ihn nie wieder beherrschen.
Und dann erneuert Gott seinen Segen
und segnet Noah und seine Nachkommen,
und wenig später segnet er Abraham:
Ich will dich segnen und du sollst ein Segen sein.
In dir sollen gesegnet sein alle Geschlechter auf Erden.
Also nochmals:
Ist der Mensch gut? – Nein.
Ist der Mensch böse? – Nein.
Vielmehr: der Mensch ist verantwortlich,
er soll die Sünde nicht über sich herrschen lassen.
Der Mensch ist gesegnet.
Immer wieder nach jedem Ausbruch
und jeder Steigerung des Bösen in der Urgeschichte
erneuert Gott seinen Segen über uns Menschen.
Der Mensch vor Gott ist nicht gut.
Der Mensch vor Gott ist nicht böse.
Wir sind verantwortlich. Wir sind gesegnet.
Wir sind beauftragt.
(2.) Ich komme zurück von der Urgeschichte aus dem 1. Buch Mose zu Johannes 10 und unserem guten Hirten, Jesus Christus.
Ich bin der gute Hirte, sagt Jesus.
Das geht ja nicht einfach zusammen,
die Urgeschichte des Erwachsenwerdens,
mit den großen Urworten
„Segen“ - „Verantwortung“ – „Schuld“ – und nochmals „Segen“
und dann von Jesus dieses Bild vom Hirten und den Schafen.
Trägt ein Schaf Verantwortung?
Kann ein Schaf schuldig werden?
Nimmt der Hirte seiner Herde nicht die Last des Erwachsen-seins ab
und schafft wieder eine Art Paradies?
Ich sperre mich da auch,
der moderne biblische Realismus von 1. Mose 1 – 12
ist mir näher als das pastorale Bild vom wohl gehüteten Schaf.
Und gerade deswegen.
Schauen wir genau, wie Jesus als guter Hirte wirkt.
Da reicht mir jetzt die Zeit nicht mehr,
ich mach nur ein paar grobe Striche.
(2.1) Das erste, was ein Hirte macht:
er leitet seine Herde.
Jesus leitet uns durch sein Wort.
Da gibt es keine scharfen Hunde, bei Jesus,
und keinen spitzigen und scharfen Hirtenstab.
Jesus der gute Hirte leitet mit seiner Stimme, seinem Wort.
In der Bergpredigt und an vielen anderen Stellen
gibt er uns Weisungen und Regeln.
Wir sind ja eher dabei, dass wir Gebote als Gängelung empfinden,
als Einschränkung unserer Freiheit.
Aber ach,
hätten doch die beiden sich schlicht ans fünfte Gebot gehalten,
Du sollst nicht morden.
Sehen wir denn nicht,
dass Gottes Gebote uns schützen vor den Abgründen,
uns schützen vor der Sünde,
die wie bei Kain auch auf unserer Schwelle lauert?
Sicher sind auch die Zehn Gebote interpretationsbedürftig
und sicher sind Feiertag, Eigentum und Ehe heute anders organisiert,
und anders zu schützen als zur Zeit Mose.
Mord aber bleibt Mord. Da kann nichts wieder gut werden.
Du sollst nicht morden, daran gibt es wenig zu interpretieren.
Bei Mord gibt es keine Entschuldigung, keine Rechtfertigung.
Gibt es bei Mord Vergebung?
– Vergebung unter Umständen, irgendwann.
Gott sieht das Herz an. Er will nicht, dass der Sünder stirbt,
sondern dass er umkehrt von seinem üblen Weg, und lebt
(Hes 33,9ff).
Aber zurück zu unserem guten Hirten.
Bei Jesus münden alle Weisungen und Regeln
immer in das eine Gebot:
Wir sollen lieben, Gott, unsern Nächsten, wie uns selbst.
Das ist die Stimme Jesu,
dieses „Liebe! Liebe deinen Nächsten!“
In der Liebe geht ja auch viel schief.
In der Liebe tun wir uns ja auch so weh.
Und dennoch. Das ist die Hirtenstimme Jesu:
„Liebe! Liebe Gott und deinen Nächsten, wie dich selbst!“
Wer von Herzen mit Jesus unterwegs ist,
lernt seine Stimme erkennen,
lernt Jesu Stimme heraushören
aus der verwirrenden Vielfalt der Stimmen heute.
(2.2) Das andere, was ein Hirte macht:
er schützt seine Herde in Gefahren:
wenn der Wolf kommt.
Manchmal denke ich, die größte Gefährdung durch die Wölfe ist,
dass sie uns selbst zu Wölfen machen.
Die größte Gefahr ist,
dass wir den Wölfen mehr Einfluss und Macht über uns einräumen,
als dem guten Hirten.
Dass wir aus lauter Angst anfangen, uns selbst zu bewaffnen.
Dass wir aus lauter Gier selbst andere ausnutzen.
Dass wir aus lauter Selbstzweifel der Machtlust erliegen
und andere klein und unten halten.
Besser selber Wolf, als wehrloses Schaf,
- das ist die Logik unserer Zeit.
Jesus, der gute Hirte, jedoch, ermöglicht es uns,
dass wir nicht mit den Wölfen heulen.
Er hat es mit den Wölfen aufgenommen,
sein Leben gegeben - und gewonnen an Ostern für uns auf ewig.
Ich breche hier ab.
Wie geht es zusammen,
dass Gott uns erwachsen sieht,
verantwortlich und zum Guten gesegnet,
und dass Gott uns Jesus als guten Hirten schickt?
Heute sehe ich es so:
Auch wir Erwachsenen brauchen Schutz.
Auch wir Verantwortungsträger brauchen einen,
der uns leitet und begrenzt,
einen guten Hirten, der uns sucht und zurückbringt,
der sich zwischen uns und den Abgrund stellt,
und manchmal uns pflegt und unsere Wunden heilt.
Vor Gott ist das beides wahr:
dass wir unumkehrbar erwachsen sind und verantwortlich, -
und dass wir Kinder sind, Gottes Kinder,
Schäflein, die immer wieder heimkehren und sich bergen dürfen
und geborgen sind beim guten Hirten Jesu Christ.
AMEN.
Fürbittengebet mit 185.4 [Agios o Theos]
Barmherziger Gott,
wir bitten Dich, nimm Dich unser an und stärke uns.
Stärke die Kinder, die Jugendlichen,
die Männer und Frauen hier in unserer Stadt.
Lass uns nicht hängen bleiben
in Entsetzen und Erstarrung,
führe uns durch Wut und Trauer zu neuem Vertrauen.
Ja, Gott, erneuere Du unser Vertrauen,
festige unser Herz!
Lass uns Liebe säen und Hoffnung auf Dein kommendes Reich, -
Dein Reich, in dem die Tränen abgewischt werden,
in dem alle Gewalt überwunden ist.
Du bist der heilige Gott, Du bist die Tür zum ewigen Leben!
- Wir rufen zu Dir: [Agios o Theos]
Vaterunser
Hier gibt es weitere Informationen zu diesem Artikel:
http://www.christuskirche-eislingen.de
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